Der Ohrenlose Hoichi
Vor einigen hundert Jahren lebte ein blinder aber dennoch berühmter Geschichtenerzähler und Biwa Spieler mit Namen Hoichi, er war besonders bekannt für seine Balladen und Erzählungen über die Geschichten des Heike und Genji Clans. Man erzählt sich das sogar die Yokai Tränen vergießen würden, wenn er sein Lied von der Schacht in Dan no ura zum Besten gab.
Am Anfang seiner Karriere war Hoichi jedoch arm aber ein guter Freund, der Priester von Amidaji, lud ihn oft ein im Tempel zu spielen, ja er war so angetan von Hoichis Spiel, das er ihn einlud im Tempel zu wohnen. Als Entlohnung für Kost und Logis spiele er an den Abenden im Tempel.
An einem heißen Sommerabend, der Priester und seine Helfer waren zu einer Begräbniszeremonie gerufen worden, war Hoichi alleine im Tempel, und um sich etwas abzukühlen setze er sich auf die Veranda und wartet dort auf die Rückkehr des Priesters, und spielte dabei auf seiner Biwa.
Die Zeit verging und so war es schon bald nach Mitternacht und die Stunde des Ochsen rückte heran, da hörte er Schritte vom hinteren Tor des Tempels. Jemand kam durch den Garten, über die Veranda und blieb direkt vor ihm stehen. Eine tiefe Stimme sprach in mit Namen, nach Art der Samurai, an. „ Hoichi“ Von der Stimme erschreckt antwortete er: „ Ja Herr, verzeiht aber ich bin Blind, ich kann nicht sehen wer spricht“
„ Du hast nichts zu fürchten“ antwortete der Unbekannte „ Mein Herr, ein Mann von hohem Rang, weilt zur Zeit in Akamagaseki, er wünschte den Ort der Schlacht von Dan no ura zu sehen. Er hörte von deinen Fähigkeiten und wünscht nun dich zu hören, so nimm deine Biwa und folge mir zu seinem Haus.“
Da es in jenen Zeiten gefährlich war, dem Wunsch eines Samurai nicht zu entsprechen, folgte Hoichi dem Unbekannten, der in an der Hand nahm und so leitete. Die Hand steckte in einem Panzerhandschuh, und er konnte deutlich hören, dass der Samurai in voller Rüstung war. Vieleicht war es eine Palastwache, so verging Hoichis erste Angst und er freute sich sogar über das Glück vor einem hochrangigen Edelmann spielen zu dürfen.
Er konnte hören das verschiedene Tore geöffnet wurden und als sie anhielten sprach der Samurai „ Hier bringe ich euch Hoichi“, daraufhin hörte er eilende Füße, das gleiten von Türen und die Stimmen von Frauen die sich unterhielten, an der Sprache erkannte er das es Frauen aus den oberen Klassen sein mussten. Er wurde über mehrere Stufen geführt, und als er an der letzten seine Sandalen ablegte führte ihn die Hand einer Frau weiter.
Er wurde in einen großen Raum geführt, und er konnte das rascheln von Seide hören, wie das Rauschen des Windes in den Blättern des Waldes, und das summen vieler Stimmen, die sich unterhielten, mit dem Dialekt des Hofes.
Eine edle Frauenstimme forderte ihn nun auf zu beginnen, und Hoichi sprach, „die ganze Geschichte würde wohl zu viel Zeit brauchen, was wünschen die Herrschaften zu hören?“ „beginne dort wo die Schlacht am heftigsten tobte“ war die Antwort, so nahm er seine Biwa und begann zu spielen.
Sein Spiel war wundervoll, seine Biwa konnte Klingen wie die knarrenden Ruder, wie der Wind in den Segeln oder das Pfeifen von Pfeilen, so ließ er mit seiner Kunst die Schlacht vor den Ohren seiner Zuhörer stattfinden, und in den Pausen hörte er, wie ihn die Stimmen lobten. Und beflügelt durch das Lob spielte er noch besser.
Als er dann zum Ende kam, von dem Schicksal der Frauen und Kinder sang, und zuletzt von der Amme mit dem unmündigen Kaiser auf den Armen, hörte er ein gemeinsames, schmerzliches Aufstöhnen. Das Jammern wurde so laut das der Blinde Mann es mit der Angst zu tun bekam.
Dann hörte er wieder die Stimme der Frau: „ auch wenn wir von deinem Können gehört haben, haben wir nicht gewusst das es jemanden geben kann der so spielt. Unser Herr ist sehr angetan, und wünscht dich auch in den nächsten sechs Nächten zu hören, bevor er weiterzieht, es soll dein Schaden nicht sein. Du wirst auch in den nächsten Nächten abgeholt werden. Doch höre, unser Herr reist inkognito, also sprich mit niemandem über das was passiert ist.“
Nachdem Hoichi sich bedankt hatte, wurde er zum Tempel zurückgeführt. Am Tag schlief Hoichi, und sprach mit niemandem über das erlebte, und so wiederholte sich alles in der folgenden Nacht. Allerdings wurde in diese Nacht seine Abwesenheit bemerkt, und am nächsten Tag fragte ihn der Priester: „Hoichi, wir haben uns Sorgen um dich gemacht, du bist blind, du solltest nicht dew nachts alleine herumwandern, wo warst du nur“. Hoichi antwortete:“ Verzeiht mir verehrter Freund, doch ich hatte etwas privates zu erledigen, und konnte dabei nicht auf die Zeit achten.“
Der Priester war weniger erzürnt als vielmehr überrascht über diese barsche Antwort, und er vermutete das etwas nicht mit rechten Dingen zu ging, so beauftragte er zwei Tempeldiener Hoichi zu folgen, wenn er in der nächsten nach wieder fortgehen sollte. Und so folgten sie ihm als er in der nächsten Nacht den Tempel verliest. Doch es war eine dunkle und regnerische Nacht uns sie verloren ihn aus den Augen, besorgt den bilden Mann in einer solchen Nacht allein zu lassen suchten sie ihn überall, und gingen überall hin wo er nur sein könnte. Aber niemand hatte ihn gesehen.
Als sie dann zum Tempel zurückkehrten hörten sie plötzlich den Klang einer Biwa, wunderbar gespielt, allerdings hörten sie den Klang vom Friedhof des Tempels. Als sie nun langsam näherschlichen sahen sie tatsächlich Hoichi, im regend sitzend, vor dem Grab des unglücklichen Kaisers, seine Biwa spielen. Umgeben von hunderten geisterhafter Flammenzungen. Nie hatten die beiden eine solche Menge dieser Lichter gesehen.
„Hoichi, Hoichi „ riefen sie „ du stehst unter einem Zauber, komm mit uns“, er aber erwiderte verärgert „ wie könnt ihr mich mitten im Spiel unterbrechen, diese ehrenwerte Gesellschaft wird das sicher nicht hinnehmen“. Die beiden konnten nicht anders als erleichtert aufzulachen, das es ihm, obschon offensichtlich verzaubert, gut ging, packten ihn und führten ihn mit sanfter Gewalt zurück zum Tempel, wo er sich plötzlich seiner nassen Kleider bewusst wurde.
Lange rang Hoichi mit sich, doch am Ende erzählte er dem Priester doch was geschehen war, und mit besorgter Stimme sprach dieser: Hoichi mein Freund, du bist in Gefahr, du magst geglaubt haben in einem Palast zu spielen, doch du spieltest vor den Gräbern des Heike Clans, alles andere war nur Illusion. Wenn du weiter den Geistern folgst werden sie dich früher oder später in Stücke reißen, heute Nacht muss ich zu einem Begräbnis, aber ich werde dich nicht ohne Schutz zurücklassen.“
So befahl er seinen Dienern Hoichi von Kopf bis Fuß mit heiligen Schriften zu bedecken, jeder Teil seines Körpers wurde beschrieben, sogar die Solen seiner Füße. „ Wenn ich heute Nacht gehe, dann setze dich auf die Veranda und warte ab, aber was auch geschieht, was immer der Geist auch tun mag, sprich kein Wort, lass keinen einzigen Laut hören oder du bist verloren, wenn du tust was ich sage, hast du nichts zu fürchten.
Und so wartete Hoichi, und wirklich, in der Nacht hörte er wieder die Stimme des Samurais, die ihn rief, aber der blinde schwieg. Immer wieder rief die Stimme, bei jedem Mal etwas ärgerlicher, zuletzt hörte er sie sagen:“ keine Antwort, ich werde ihn suchen müssen.“ Dann hörte er den Krieger herumgehen, sogar direkt neben ihm, doch scheinbar konnte der Samurai ihn nicht sehen.
Wider hörte er die Stimme: „ hier ist die Biwa, aber keine Spur des Spielers, nur diese zwei Ohren, deswegen Antwortet er nicht, er hat keinen Mund, nur seine Ohren sind noch von ihm geblieben. Nun ich werde sie meinem Herrn bringen, als Beweis das ich hier war.“ Dann fühlte Hoichi wie starke Hände seine Ohren griffen und sie mit einem Ruck von seinem Kopf rissen. Der Schmerz war fürchterlich, doch er schaffte es still zu bleiben. Dann hörte er wie der Krieger fortging.
Er spürte etwas Warmes seinen Hals hinunterlaufen, doch er wagte sich nicht zu bewegen, so saß er dort, bewegungslos, blutüberströmt im Licht der Laterne, bis zum Morgen. Als der Priester zurückkam, sah er zu seinem Entsetzen den verletzten Hoichi auf der Veranda sitzen, tausendmal entschuldigte er sich, nicht darauf geachtet zu haben das auch die Ohren beschrieben wurden, und liebevoll pflegte er ihn wieder gesund.
Die Geschichte machte natürlich die Runde, und so wurde Hoichi, und auch seine Künste auf der Biwa, immer bekannter. Allerdings wurde er von nun an überall nur noch der Ohrenlose Hoichi genannt.
Diese Geschichte ist frei nach Lafcadio Hearnes Erzählungen geschrieben.
Die Bilder stammen wohl von einer Aufführung dieser Geschichte.
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