Unheimliche Hinrichtung
Die Hinrichtung sollte in der Gartenanlage der Burg stattfinden, alles war schon vorbereitet. Auf einer von Trittsteinen umrandeten Sandfläche kniete der Verurteilte, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, von mit Kieseln gefüllten Säcken so eingekeilt das er sich nicht bewegen konnte, und wartete auf seinen Scharfrichter.
Als der Schwertmeister zur Richtstätte kam, begutachtete er ruhig die Vorbereitungen, und nickte seinem Gefolge zu, da er alles zu seiner Zufriedenheit fand. Dann trat er neben den Verurteilten um seine Pflicht zu tun.
In diesem Moment rief der verurteilte, das Gesicht in einer Mischung zwischen Angst und Zorn verzerrt: „ ehrenwerter Herr, die Tat wegen der ich hier getötet werden soll, verübte ich nicht wissentlich, es war nur meine große Dummheit die sie mich begehen lies. Seht ich bin dumm geboren und habe mein ganzes Leben lang, eine Dummheit nach der anderen begangen, und nun soll ich gar dafür sterben. Aber es ist falsch einen Mann dafür zu töten das er dumm ist, und so sicher wie ihr mich töten werdet, so sicher werde ich meine Rache an euch bekommen, der Hass den ihr durch eure Tat auf euch ladet wird sie über euch bringen.“
Jeder wusste das ein Mensch , der während seines Todes Hass und den Wunsch nach Rache spürte, als rachsüchtiger Geist zurückkehren, und Rache an seinem Mörder üben kann. Das wusste auch der Samurai, und so sprach er behutsam, fast freundlich mit dem Mann: „ es wird dir sicher niemand übel nehmen, das du nach deinem Tot Rache an mir und den meinen üben willst, aber es ist schwer zu glauben das du auch meinst was du sagst, willst du uns ein Zeichen geben, wie ernst es dir ist?“
„Das werde ich sicher tun“ , stieß der Mann hervor „nun so soll es sein“ erwiderte der Samurai, während er langsam sein Schwert zog, „ seht ihr den Trittstein vor euch, wenn ihr es schafft ihn, nachdem ich euch enthauptet habe, mit den Zähnen zu packen, so will ich euch glauben.“
Starr vor Angst beobachtet das Gefolge die Szene, der verurteilte stierte auf den Trittstein, immer wieder hervorstoßend „ ich werde ihn packen, oh ja ich werde ihn packen.“ Dann, ein metallisches Geräusch, ein silbriger Schemen und der Mann sackte in sich zusammen, der Kopf jedoch, rollte zu dem Trittstein, und, das Gesicht in Triumpf verzerrt, packte eine Ecke des Steines mit den Zähnen, um dann für immer zu erschlaffen.
Alle Anwesenden waren vor blankem Entsetzen erstarrt, alle, bis auf den Samurai, ruhig, als wäre nichts geschehen, reinigte er sorgfältig seine Klinge bevor er sie wegsteckte und die grausige Stätte verlies.
Die Angst vor dem rachsüchtigen Geist griff unter dem Gefolge des Samurais um sich, sie begannen Dinge zu sehen die nicht dar waren, jedes häusliche Missgeschick war das Werk des Geistes, sie erschreckten vor den Geräuschen des Windes, vor den Schatten auf dem Boden, und baten schließlich ihren Herrn, einen Mönch zu beauftragen, das er den rachsüchtigen Geist besänftige.
„Dafür gibt es keinen Anlass“ erwiderte dieser ruhig „ sicher kann ein Mann, dessen letzte Gedanken von Hass und Rache erfüllt sind als Geist zurückkehren, aber das ist hier nicht der Fall. Die letzten Gedanken dieses Mannes drehten sich nur darum, in den Stein zu beißen, und da ihm das gelang, wird er nicht zurückkehren.“ Und wirklich, es kam kein Geist um Rache zu üben, und das Gefolge beruhigte sich wieder, und bewunderte die Weisheit ihres Herrn.
Diese klassische japanische Geistergeschichte wurde zum ersten Mal Lafacadio Hearn (1850-1904) ins Englische übersetzt, und wird hier von mir frei nacherzählt. Es kommt zwar kein wirklicher Geist darin vor, aber unheimlich ist sei allemal. Das Bild zeigt eine Hinrichtung in Japan Mitte des 19ten Jahrhunderts.
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